Wahrheitspatenschaft für Jobcenterbeschäftigte

Man stelle sich vor, ALLE Menschen gingen in den "Lügenboykott" - die Verweigerung, die Wahrheit und ggf. damit auch "sich selber" zu verleugnen!

Ist also einE Arbeitsvermittler*in im Arbeitsamt oder im Jobcenter nicht damit einverstanden, Schreiben mit RECHTSFOLGENBELEHRUNG (=Sanktionsgrundlage) herausschicken zu müssen, weil er/sie um die schädigenden Wirkungen von Sanktionen weiß und selber eben NICHT dahintersteht (und sei es auch nur in einzelnen konkreten Fällen), wird aber explizit von "oben"/Ranghöheren oder "dem Gesetz" dazu verpflichtet, dann wäre eine ehrliche Formulierung AUF jenem sanktionsandrohenden Schreiben an jemand Erwerbsloses:

Ich habe diese Rechtsfolgenbelehrung gegen meinen freien Willen diesem Schreiben beifügen müssen, um Schlimmeres, wie beispielsweise Abmahnungen und damit meine eigene Kündigung oder andere arbeitsrechtliche Disziplinarmaßnahmen, abzuwenden. Es tut mir Leid, dass ich damit möglicherweise den Betroffenen ALG 2 Empfänger, auch gegen meinen freien Willen sanktionieren muss"**


 Natürlich wird genau das ein SICHTBARMACHEN der Wunde sein, in die meist nur sehr mutige und sehr überzeugte Arbeitsvermittler*innen ihre Finger legen - also wenn sie innerlich genau das schon zu empfangen bereit sind (die Kündigung oder weiteren Ärger). Denn Ängste zeigen sich in der Regel dadurch, dass sie eben nicht ausgesprochen werden können. In der Regel versuchen "freundliche" Arbeitsvermittler*innen "unter dem Radar" ihre Höflichkeit und ihr individuelles Entgegenkommen auszuspielen und sich die geltenden Gesetze so zurechtzulegen, dass es nicht zu "Sanktionsanhörungen" kommen muss, oder sie kreativ sind im Anerkennen "guter Gründe" (wie es der Aktivist Veit Pakulla vor Jahren schon in seine Bewerbungen um ausgeschriebene Stellen als Arbeitsvermittler tat).

Eine Jobcentermitarbeiterin widersprach einmal Inge Hannemanns Aussage zu den "Sanktionsquoten" - sie meinte, (in ihrem Jobcenter) würde "passive Leistungsminderung" nicht "belohnt" - es läge aber "sehr an der Vermittlungsfachkraft und deren "Ersteindruck" zu entscheiden, wohin mit jemand "Neuem" im "Kundenstamm" die "Reise ginge".

Was, wenn man IMMER und zwar aus PRINZIP eine "Reise ohne Sanktionsabsicht" mit dem leistungsberechtigten Menschen antritt? Und zwar UNGEACHTET der Tatsache, ob dieser dann auf Vermittlungsideen positiv anspricht oder überhaupt nicht?
Also so wie ein Arzt nicht Köpfe abhackt - sondern nur versucht, die Situation des Patienten zu verbessern - wenn dieser nicht drauf anspricht, darf er vorsätzlich nicht den Patienten schädigen oder eigenhändig bestrafen. Der PATIENT steht für ihn im Mittelpunkt. NICHT seine medizinische Therapie oder seine "Heilmethode" (gut, es gibt auch ehrgeizige und skrupellose Ärzte, bei denen das anders ist - aber der ETHIK nach darf das nicht so sein - dafür gibt es den "hippokratischen Eid").
Ein Jobcentermitarbeiter gestand der Verfasserin dieser Zusammenstellung einmal, Inge Hannemanns Art selber zu fahren - nur eben nicht darüber zu sprechen, weil er seinen Job ja noch länger machen wolle und dabei vor allem an seinen "Kundenstamm" denken würde, nicht an die "große Glocke" der politischen Forderungen.



**Ähnliche Formulierungen haben dieser Erwerbslose und andere auch schon ausprobiert, wenn es um das Abfassen einer Eingliederungsvereinbarung ging, die ggf. auch von den entsprechenden Sachbearbeiter*innen nicht wirklich "angeboten" werden würde.
Übrigens: Diesen Textbaustein lieferte ein ALG-II-Antragsteller, dessen Antrag auf Leistungen nach dem SGB II noch nicht bewilligt worden war. Nichts desto trotz war er bereits sanktionsbewehrt einer Vollzeitmaßnahme zugewiesen worden und zeitgleich für einen Tagesausflug zu einem "Betreuungs-Orientierungs-Termin" in sein heimisches Jobcenter vorgeladen worden.

Die gesamte Antragskorrespondenz des Erwerbslosen mit seiner Arbeitsvermittlung liest sich so erschütternd und gleichfalls unterhaltsam, dass sich eine gesonderte Veröffentlichung ggf. lohnt.

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